Astrid lindgren som barn
Die ElternDie GeschwisterDie SchuleAnne-Marie

Kindheit

„Beginnen wir mit dem Anfang – im November 1907, da kam ich auf die Welt, in einem alten roten Haus, umgeben von Apfelbäumen, als Kind Nummer zwei des Landwirts Samuel August Eriksson und seiner Frau Hanna, geborene Jonsson. Der Hof, auf dem ich geboren wurde, hieß – und heißt immer noch – Näs, und er lag ganz in der Nähe einer Kleinstadt in Småland, Vimmerby.“

Astrid Lindgren hat oft von ihrer glücklichen Kindheit erzählt – „wir hatten ein glückliches Bullerbü-Leben auf Näs, im Großenganzen gesehen wie die Kinder in den Bullerbü-Büchern“ – geborgen in der Liebe der Eltern und mit intensiven Spielen mit den drei Geschwistern und vielen anderen Kindern, die auf dem Hof lebten.

„Zwei Dinge hatten wir, die unsere Kindheit zu dem machten, wie sie war – Geborgenheit und Freiheit. Die beiden, die einander so gern hatten und die immer da waren, wenn wir sie brauchten, uns aber im übrigen frei und glücklich herum rennen ließen auf dem fantastischen Spielplatz, den wir in unserer Kindheit auf Näs hatten.“

Die Tage bestanden jedoch nicht nur aus Spielen. Näs war ein Pfarrerspachthof. Astrids Eltern, Samuel August und Hanna, pachteten Boden vom Pfarrershof und betrieben Landwirtschaft. Es war kein großer Hof, aber groß genug, dass es vieler Menschen bedurfte, um ihn zu betreiben. Es war die Zeit, bevor die Industrialisierung die Landwirtschaft erreichte – Astrid Lindgren selbst hat diese Zeit das „Pferdezeitalter“ genannt, jene Zeit, in der das Pferd immer noch die Stütze der Landwirtschaft war. In einer Landwirtschaft wurde jede Arbeitskraft benötigt, und die Kinder des Bauern arbeiteten Seite an Seite mit Knechten, Mägden und Tagelöhnern.

„Für ein Kind war es interessant und lehrreich, mit Menschen unterschiedlicher Art und Eigenheiten und Altersgruppen aufzuwachsen. Von ihnen lernte ich – ohne dass sie oder ich es gewusst hätten –, dass das Leben Bedingungen unterworfen ist und wie schwierig es manchmal ist, Mensch zu sein.“

Das alles war nicht nur vor der Zeit der Landwirtschaftsmaschinen, es war auch vor dem Durchbruch von Radio und Fernsehen, was mit sich brachte, dass mündliches Erzählen immer noch die erste Quelle der Unterhaltung war. In Pausen oder bei den Mahlzeiten, abends und bei der Arbeit gediehen Geschichten, Lügengeschichten, komische Geschichten und Lieder. Es sind unzählige Menschen, die Astrid als Kind getroffen hat oder von denen sie gehört hat, die dann Modell für einige der wunderbarsten und eigentümlichsten Charaktere in ihren Büchern wurden.

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Kindheit

Die Eltern

Astrid Lindgrens Eltern hießen Samuel August und Hanna. Beide waren in kleinen Dörfern außerhalb von Vimmerby geboren – Samuel August in Sevedstorp und Hanna in Pelarnehult.

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Die Geschwister

„Wie wir gespielt haben, meine Geschwister und ich! Vom Morgen bis zum Abend. Unermüdlich, mit Eifer und Freude, manchmal unter Lebensgefahr, aber das begriffen wir nicht.“

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Die Schule

1914 kam Astrid in Vimmerbys Grundschule, etwa zu dem Zeitpunkt, als der Erste Weltkrieg ausbrach. Astrid fand es ein bisschen unheimlich, in die Schule zu kommen, und Mama Hanna musste sie zur Anmeldung begleiten.

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Magie des Lesens

„Und da saßen wir auf dem Fußboden, mein Bruder und ich, und hörten die wundersame Sage über den ‚Riesen Bam-Bam und die Fee Viribunda’ vorlesen. Ja, dass man nicht auf der Stelle gestorben ist! In dem Augenblick wurde der Lesehunger in mir geboren, und mit der ganzen Ungeduld einer Vierjährigen starrte ich auf diese komischen schwarzen Schnörkel, die Edit deuten konnte, ich aber nicht, und die durch eine merkwürdige Magie plötzlich die ganze Küche mit Feen, Riesen und Hexen bevölkern konnten.“

Auf Näs gab es eine Kate, in der der Kuhknecht Sven von Familie Ericsson mit seiner Frau Kristin und Tochter Edit wohnte. Astrid und Gunnar liebten es, zu Hause bei Edit zu spielen, die ein Jahr älter war. Sie hatte eine eigene Kammer auf dem Dachboden. Dort gab es unbegreiflich aufregende Sachen - Puppen, Lesezeichen, Schachteln mit Perlen und einige Märchenbücher.

In Kristins armseliger Küche gab es eine Ausziehbank, einen Tisch, einige Stühle und einen eisernen Herd. In dieser Küche las Edit das erste Märchen vor, das die vierjährige Astrid je hörte, an einem Tag, an dem der Regen gegen die Fensterscheiben trommelte. Als Edit vom Riesen Bam-Bam und der Fee Viribunda vorlas, verwandelte sich die Küche in einen verzauberten Ort. „Es versetzte meine Kinderseele in Schwingungen, die bis heute nicht richtig abgeklungen sind.“

Diese Küche wurde wichtig bis in alle Zukunft. Astrid hat später erzählt, dass fast alle Küchen, die in ihren Büchern beschrieben werden, Kristins Küche sind.

Die Geschwister auf Näs lasen alles, was ihnen in die Finger kam. Die Bücher und das Lesen waren eine ständige Inspiration für ihre Spiele. Manchmal sangen sie die Texte aus den Büchern. Einmal, als Astrid ihre kleine Schwester Ingegerd zum Einschlafen bringen sollte, sang sie einfach direkt aus dem Buch, das sie gerade las.

Astrid beschreibt selbst, wie es war, als Kind zu lesen: „Das war etwas, das alle Sinne fesselte, Sehen, Düfte und Gefühl, intensiver als irgendein anderer Eindruck im Kinderleben.“ Ein neues Buch war „etwas nahezu schmerzhaft Wunderbares“.

Zu Weihnachten bekamen die Kinder neue Bücher, sonst liehen sie Bücher von Freunden oder aus der Schulbibliothek. Astrid berichtet von einem unstillbaren Lesehunger. Alles, was sie in die Hände bekam – von Anne auf Avonlea und Tom Sawyer bis zum Mann mit den stählernen Fäusten und Frithiofs Sage – las sie mit derselben Begeisterung und reichem Gewinn.

Mehrere Bücher, die Astrid als Kind gelesen hat, blieben in all den Jahren ihre Lieblingsbücher. Später hat sie sie ihren Kindern und Enkeln vorgelesen, die durch Astrids Stimme die Magie in den Geschichten erlebten. Dazu gehören zum Beispiel Die Schatzinsel, Eine kleine Prinzessin und Daddy Langbein.

Zitate

„Eine Kindheit ohne Bücher wäre keine Kindheit. Es wäre, als ob man aus dem verzauberten Land ausgesperrt wäre, aus dem man sich die seltsamste aller Freuden holen könnte.“

Astrid Lindgren, "Vi husmödrar"-Magazin, 1956:10